Humboldt-Universität zu Berlin - Kultur-, Sozial- und Bildungswissenschaftliche Fakultät - Institut für Rehabilitationswissenschaften

Promotionsvorhaben

Özlem Yetim:

Qualitätsmanagement in der Sprachtherapeutischen Praxis: Welche Chancen, Verbesserungen und Schwierigkeiten ergeben sich im therapeutischen Alltag?

Abstract

Der Begriff „Qualitätsmanagement“ (QM) hat in den vergangenen Jahren in vielen Branchen an Bedeutung zugenommen. Die Erwartungen an Qualität bezieht sich hierbei nicht mehr nur auf das Endprodukt; vielmehr sollen auch der Prozess der Herstellung, aber auch Dienstleistungen Qualitätsstandards erfüllen.

Diese Entwicklung betrifft auch den Gesundheitssektor. So ist es für niedergelassene Arzt- und Psychotherapiepraxen Pflicht, ein Qualitätsmanagementsystem zu implementieren. Auch viele Krankenhäuser oder Versorgungszentren haben sich bereits dazu entschlossen, ein Qualitätsmanagement einzuführen. In niedergelassenen Heilmittel-Praxen wie Sprachtherapie oder Physiotherapie ist dies hingegen noch eine relativ neue Entwicklung.

Bisher wurde QM in der sprachtherapeutischen Praxis nur in Form von Berichten aus einer Praxis beschrieben (Grosstück 2008). In dieser soll QM über die einzelne Praxis heraus als übergreifendes Instrument betrachtet werden. In dem geplanten Projekt sollen erstens verschiedene QM-Modelle miteinander verglichen werden. Zweitens sollen Veränderungen und Verbesserungen, die mit QM in der sprachtherapeutischen Praxis erreicht werden, untersucht werden. Hierbei geht es sowohl um Veränderungen der Qualität der Patientenversorgung als auch um Veränderungen im wirtschaftlichen und organisatorischen Bereich. Hierfür wird ein spezifischer Fragebogen als Messwerkzeug zur Beurteilung qualitätsrelevanter Prozesse und Faktoren entwickelt. Und drittens soll bewertet werden, ob eine Verpflichtung zu QM für Heilmittelerbringer, und hier exemplarisch für sprachtherapeutische Praxen, sinnvoll ist.

Eine erste Erhebung der Daten ist bereits abgeschlossen. Sobald die Daten ausgewertet sind, wird dieses Abstract aktualisiert.

 

Franziska Trauzettel:

Evaluation präventiver und gesundheitsförderlicher Aspekte von Serious Games im Alter

Abstract

Ein gesundes Alter(n) ist von großer individueller und -durch soziodemografische Entwicklungen und sozialpolitische Gegebenheiten bedingt- gesellschaftlicher Relevanz. Der gesundheitliche Status eines älteren Individuums zeichnet sich durch hohe Vulnerabilität, aber auch Potenziale aus (Kruse & Wahl, 2010). So bietet sich eine Vielzahl von Ansatzpunkten für präventive und gesundheitsförderliche Interventionen für diese Zielgruppe. Aufgrund der wachsenden Digitalisierung im Gesundheitswesen, wird diese Forschungsarbeit innerhalb von drei Einzeluntersuchungen Bedarf bzw. Potenzial, Anforderungen und Veränderungen durch die Anwendung innovativer Technik im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung für Ältere untersuchen. Somit möchte diese Arbeit eine ressourcenorientierte Sichtweise auf das Alter(n) stärken, abgewandt von den bislang gesellschaftlich-geprägten defizitären Altersbildern.

Zu Beginn bietet die theoretische Fundierung einen Überblick zum Alter(n), zur aktuellen gesundheitlichen Lage der älteren Bevölkerung in Deutschland, zur Prävention und Gesundheitsförderung im Alter und zum Einsatz von innovativer Technik, spezifischer zu digitalen Bewegungsspielen. Innerhalb von qualitativen Experteninterviews wurden der Bedarf und ein mögliches Potenzial von Technik in der Prävention und Gesundheitsförderung Älterer, erste kreative Produktideen und Anforderungen an diese erfasst. Das Gesundheitsverhalten eines Menschen wird insbesondere durch die Motivation beeinflusst. Hier bieten digitale Spiele eine innovative Möglichkeit anzusetzen (Johnson et al., 2016). So wurden aufbauend in einer quasi-experimentellen Kohortenstudie, gesundheitsbezogene Veränderungen durch die Anwendung präventiver und gesundheitsförderlicher, speziell für ältere Menschen entwickelter digitaler Bewegungsspiele, untersucht. Die Ergebnisse zeigen gesundheitsförderliche Tendenzen durch das regelmäßige Spielen, für die hier berichtete Stichprobe. Innerhalb der letzten Studie, einer Fokusgruppe, wurden die digitalen Spiele dreier sensorbasierter Systeme mit Hilfe von ergänzten Anforderungen bewertet und notwendige Ressourcen für den erfolgreichen Einsatz im Setting (teil-) stationärer Einrichtungen partizipativ erarbeitet. Schlussendlich erfolgt die Zusammenführung der neu-gewonnenen Erkenntnisse. Hierfür werden die Ergebnisse der drei Untersuchungen unter Beachtung der theoretischen Rahmung methodenkritisch diskutiert. Zudem erfolgt die Ableitung des praxisrelevanten Nutzens in Form der Erarbeitung eines Anforderungskataloges. Des Weiteren werden Überlegungen zu zukünftig notwendigen Forschungsfragen und potenziell anwendbaren Methoden präsentiert.

 

Natalie Jankowski:

Mensch-Technik-Interaktion. Nutzergerechte Gestaltung telemedizinischer Anwendungen in der Bewegungsrehabilitation

Abstract

Die technikgestützte Rehabilitation wird im Rahmen der Schlaganfallbehandlung als therapeutisches Verfahren zur Wiedererlangung der motorischen Bewegungsfähigkeit oberer Extremitäten eingesetzt. Zudem wächst durch die Digitalisierung des Alltags und den demographischen Wandel das Forschungsinteresse an telerehabilitativen Behandlungskonzepten, die die Schlaganfallversorgung durch den Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien ergänzt sowie erweitert. Dabei wird das Ziel verfolgt, einen dauerhaften und nachhaltigen Therapieerfolg zu ermöglichen. Durch die Möglichkeit zur Vernetzung der stationären sowie ambulanten Rehabilitation mit der Nachsorge soll eine kontinuierliche, über die notwendigen Gesundheitssektoren der Schlaganfallbehandlung hinweg, eine Begleitung der Patienten durch die betreuenden Behandler gewährleistet werden.

Der erfolgreiche Einsatz entsprechender Therapiesysteme in der Nachsorge verlangt einen benutzerzentrierten Entwicklungsprozess. Ausgangspunkt sollten die von den beteiligten Nutzergruppen gestellten Anforderungen an derartige Systeme sein. Das Ziel der vorliegenden Arbeit besteht darin, auf verschiedene Aspekte des Technikeinsatzes und die damit einhergehende Zufriedenheit sowie Akzeptanz der technikgestützten Schlaganfallrehabilitation und Nachsorge der beteiligten Nutzergruppen einzugehen.

Eine Kombination aus drei explorativen Untersuchungen, einer Grundlagenbefragung und zwei empirischen Feldstudien, analysieren abhängige Faktoren des Technikeinsatzes, um entsprechende Auswirkungen auf die Entwicklung und Praxis abzuleiten. Im Rahmen der Grundlagenbefragung werden das Nutzungsverhalten sowie die Nutzungsbereitschaft von Informations- und Kommunikationstechnologien von Schlaganfallpatienten und Behandlern analysiert. Daraus abgeleitet werden notwendige Ressourcen, die bereitgestellt werden müssen, um technikgestützte Verfahren sowohl in der Rehabilitation als auch Nachsorge zu ermöglichen. Die erste empirische Studie untersucht Veränderungen im Nutzererleben, der Zufriedenheit und Technikakzeptanz, zwischen zwei Therapiegeräten in der klassischen Versorgung mit zwei experimentellen Therapiesystemen mit visuellem und zum Teil haptischem Feedback. In einer zweiten Feldstudie werden zeitbezogene Veränderungen untersucht, die bei längerfristiger Nutzung über zehn Behandlungseinheiten mit dem Bi-Manu-Interact auftreten können.

 

Dorothea Bischof:

Modellorientierte Therapie bei Störungen des Leseerwerbs: Empirische Analyse der Wirksamkeit

Abstract

Ein ausreichendes Lesetempo, eine hohe Lesegenauigkeit und ein entwickeltes Leseverständnis sind in fast allen Schulfächern Voraussetzung für eine erfolgreiche Teilnahme am Unterricht. Internationale Schulleistungsstudien belegen, dass ein hoher Anteil von Schülern bereits in der Grundschule unzureichende Lesekompetenzen aufweist und daher auf zusätzliche Förder- oder Therapiemaßnahmen angewiesen ist. Im Hinblick darauf wurden in einem Gruppen-Prä-Post-Follow-Up Design mit zweifacher Prä- Messung zwei unterschiedliche Interventionen zur Verbesserung der Lesefähigkeiten bei Zweitund Drittklässlern evaluiert: Ein modellgeleitetes Therapieverfahren zur Verbesserung der Lesegeschwindigkeit von Wörtern und ein von Eltern durchgeführtes Fördertraining zur Verbesserung der Lesegenauigkeit und Lesegeschwindigkeit von Pseudowörtern.

Zur Teilnahme an den Interventionen wurden 58 Zweit- und Drittklässler mit einem gravierenden Leserückstand (PR < 16 im Ein-Minuten-Lesetest des SLRT II) ausgewählt und entweder dem Therapieprogramm (N = 32) oder dem Fördertraining (N = 26) zugeteilt. Beide Gruppen erhielten über 5 Wochen ein tägliches 45 minütiges Training. Während das Training der Therapiegruppe von einem ausgebildeten Therapeuten durchgeführt wurde und in der Schule stattfand, wurde das Training der Fördergruppe von Eltern zu Hause durchgeführt.

In der Therapiegruppe konnten mittelfristig stabile und spezifische Interventionseffekte mit mittleren bis starken Effektstärken für die Lesegeschwindigkeit und das Leseverständnis nachgewiesen werden. Zum Zeitpunkt der Follow-Up-Untersuchung waren erstmalig auch signifikante Verbesserungen diverser Blickbewegungsparameter festzustellen. In der Fördergruppe zeigte sich für den Interventionszeitraum eine mittelfristig stabile und signifikante Veränderung mit mittleren Effektstärken nur für die Abnahme von Fehlern beim Lesen von Pseudowörtern und für die Verbesserung des Gesamtwerts bei den Aufgaben zum Lesesinnverständnis. Der Nachweis einer signifikanten Veränderung der Blickbewegungsparameter beim Lesen eines Textes gelang hier nicht.

Das entwickelte Therapieprogramm hat sich für eine Steigerung der Lesegeschwindigkeit im Grundschulalter als geeignet erwiesen. Das von Eltern durchgeführte Fördertraining bewirkte eine Verbesserung der Lesegenauigkeit, nicht aber der Lesegeschwindigkeit.

 

Florina Speth:

The Role of Sound in Robot-Assisted Hand Function Training Post-Stroke

Abstract

In Folge eines Schlaganfalls leiden 90% aller Patienten an einer Handparese, die sich in 30-40% als chronisch manifestiert. Derzeit wächst seitens der Neurologie und Technologie das Forschungsinteresse an der Effektivität robotergestützter Therapieansätze, welche für schwer betroffene Patienten als besonders vielversprechend eingestuft werden. Die hierfür verwendeten Therapieroboter setzen sich aus einem mechanischen Teil und einer softwaregestützten virtuellen Umgebung zusammen, welche neben dem graphischen Interface, audio-visuelles Feedback sowie Musik beinhaltet. Bisher wurden Effekte der klanglichen Anteile dieses Szenarios noch nicht hinsichtlich möglicher Einflüsse auf Motivation, Bewegungsdurchführung, motorisches Lernen und den gesamten Rehabilitationsprozess untersucht.

Die vorliegende Arbeit untersucht die Rolle von Sound in robotergestütztem Handfunktionstraining. Die Hauptziele im Rahmen dessen sind es, 1) Potentiale von Sound/ Musik für den Kontext robotergestützten Handfunktionstrainings zu explorieren, 2) spezifizierte klangliche Umgebungen zu entwickeln, 3) zu untersuchen, ob Schlaganfallpatienten von diesen spezifizierten Soundanwendungen profitieren, 4) ein besseres Verständnis über Wirkmechanismen von Sound und Musik mit Potential für robotergestützte Therapie darzulegen, und 5) Folgetechnologien über eine effektive Applikation von Sound/ Musik in robotergestützter Therapie zu informieren.